Geschichte

In der Utrechter Union sind auf Weltebene altkatholische Kirchen verschiedenster historischer Herkunft durch ihre Bischöfe miteinander verbunden. Begründet wurde die Utrechter Union 1889 durch den Zusammenschluss der altkatholischen Kirchen der Niederlande, Deutschlands und der Schweiz.

Der Zusammenschluss der altkatholischen Bischöfe

Schon bald nachdem sich die aus dem Protest gegen das 1. Vatikanische Konzil hervorgegangenen altkatholischen Bewegungen in Deutschland und der Schweiz als Bistümer zu organisieren begannen, nahmen sie mit der älteren Kirche von Utrecht in den Niederlanden Kontakt auf. Diese Kontakte verliefen allerdings in den ersten Jahren nicht ohne Spannungen. Obwohl die Utrechter Kirche bei der altkatholischen Kirchenbildung Hilfe leistete, indem der Erzbischof von Utrecht 1872 in Deutschland Kinder exkommunizierter Altkatholiken firmte und der Bischof von Deventer 1873 den ersten deutschen Bischof, J .H. Reinkens, in Rotterdam weihte, bereitete das Tempo, das Deutschland und die Schweiz bei der Durchführung von Reformen (z.B. Abschaffung des Zölibats) an den Tag legten der Niederländischen Kirche einige Mühe. Sie begann den katholischen Charakter der altkatholischen Bewegung zu bezweifeln. Dies wurde durch die vom Schweizer Bischof Eduard Herzog und dem deutschen Bischof Reinkens vorangetriebene Aufnahme von kirchlichen Beziehungen mit den anglikanischen Kirchen in Grossbritannien und den vereinigten Staaten noch verstärkt, da die Niederländische Kirche zu dieser Zeit die Gültigkeit der anglikanischen Weihen und damit den katholischen Charakter dieser Kirche nicht zu anerkennen vermochte. Erst 1925 wurden die Weihen von den Niederländischen Bischöfen anerkannt.

Gegen Ende der 1880er Jahre setzte sich aber auf beiden Seiten der der Wunsch nach engeren Beziehungen miteinander durch. Zu diesem Zweck trafen sich die fünf altkatholischen Bischöfe H. Heykamp (Erzbischof von Utrecht), C.J. Rinkel (Bischof von Haarlem), C. Diependaal (Bischof von Deventer) sowie J.H. Reinkens (Bischof der altkatholischen Kirche Deutschlands) und E. Herzog (Bischof der Christkatholischen Kirche der Schweiz) am 24. September 1889 in Utrecht. Während dieses Treffens konstituierten sie sich zu einer Konferenz und stellten explizit fest, dass die von ihnen repräsentierten und geleiteten Kirchen in voller kirchlicher Gemeinschaft miteinander stehen. Sie erliessen eine Erklärung an die katholische Kirche, in der sie die sie leitenden kirchlichen Grundsätze zusammenfassten.

Die Grundlagen

Die bald nach dem Zusammenschluss der altkatholischen Bischöfe ‘Utrechter Union’ genannte bischöfliche und kirchliche Gemeinschaft beruht auf drei Grundlagentexten, die zusammen gelegentlich als ‘Utrechter Konvention’ bezeichnet wurden:

· dem “Reglement” als Geschäftsordnung der Bischofskonferenz,
· der “(Utrechter) Vereinbarung” für die Aufrechterhaltung der kirchlichen Gemeinschaft nach innen und aussen, die denn auch Aufschluss über das Kirchenverständnis der Utrechter Union gab und
· der “(Utrechter) Erklärung”, in der die an der Alten Kirche orientierten kirchlichen Grundsätze der in der Utrechter Union zusammengeschlossenen altkatholischen Bischöfe und ihrer Kirchen zum Ausdruck kamen.

Vor allem die “Vereinbarung” und die “Erklärung” sind für die altkatholische Identitätsbildung wichtig geworden. Dabei hat letztere eine besondere Stellung erhalten. Sie wurde zu einem historischen Dokument, zu dem sich die durch ihre Bischöfe repräsentierten Kirchen “bekennen” und dem jeder neue Bischof einer Mitgliedskirche vor der Weihe durch seine Unterschrift zustimmen muss.

Während die “Utrechter Erklärung” nie revidiert wurde, sind die Vereinbarung und das Reglement aufgrund der Praxis und einer gewachsenen Leitungsfunktion der Internationalen Altkatholischen Bischofskonferenz 1952 und 1974 überarbeitet worden.
Eine dritte Revision wurde 1996 in Angriff genommen. Sie resultierte im heute gültigen “Statut der in der Utrechter Union vereinigten Bischöfe” und wurde auf Anfang 2001 in Kraft gesetzt. Die bisherige “Vereinbarung” wurde zur “Inneren Ordnung” und das “Reglement” zur “Geschäftsordnung”. Den beiden Teilen wurde neu eine Präambel vorangestellt. Sie legt in konzentrierter Form das ekklesiologische Selbstverständnis dar, wie es sich im geschichtlichen Prozess der Utrechter Union und der damit einhergegangenen theologischen Reflexion entwickelt hat.

Die Erweiterung der Utrechter Union

1890 trat auch der Bistumsverweser der altkatholischen Kirche in Österreich (damals noch die Habsburgermonarchie), Amandus Czech, der Utrechter Union bei. Der Prozess der Bistumsbildung dauerte hier wegen der feindlich eingestellten kaiserlichen Regierung wesentlich länger. Zur Wahl eines Bischofs kam es sogar erst nach dem 1. Weltkrieg. Mit dem Zerfall der Habsburgermonarchie erfolgte 1918 die Trennung des bisherigen Bistums in ein österreichisches mit Sitz in Wien und in ein tschechoslowakisches mit Sitz in Warnsdorf. Die aus dieser Teilung entstandenen beiden Kirchen gehören nun als je eigene Ortskirchen der Utrechter Union an.

Die Altkatholische Kirche der Tschechoslowakei (heute nur noch Tschechien) bestand mehrheitlich aus ethnisch deutschen Gläubigen (sog. ‘Sudetendeutsche’), die nach dem 2. Weltkrieg ihre Heimat verlassen mussten. Zurück blieb eine kleine tschechische Kirche. Eine tschechische altkatholische Gemeinde entstand 1899/1900 in Prag in Verbindung mit einer nationalkirchlichen Programmatik, die mit Kyrill und Method sowie Johannes Hus operierte und deren Beziehung zum deutschsprachigen Altkatholizismus des Landes bisweilen beträchtlichen Spannungen unterworfen war. Man kann die heutige altkatholische Kirche in Tschechien als eine der beiden Nachfolgerinnen der altkatholischen Diözese der Habsburgermonarchie betrachten.

1923 bildete sich – ebenfalls im Zug der Auflösung des Habsburgerreiches – eine Altkatholische Kirche der Kroaten. Sie hat sich allerdings nach den Wirren des 2. Weltkrieges nie wieder erholt. Sie hat heute, obwohl sie seit 1924 als Mitgliedkirche der Utrechter Union anerkannt ist, keine funktionierende Bistumsorganisation. Die Verantwortung für die zwei Gemeinden liegt bei der Bischofskonferenz, die ihre Jurisdiktion durch einen Delegaten vollziehen lässt.

1897, bzw. 1907 wurde die von polnischen Auswanderern in den USA gegründete Polish National Catholic Church (PNCC) in Amerika und Kanada in die Utrechter Union aufgenommen. Bei ihr waren kulturelle und ethnische Gründe für die Anstoss zu einer eigenen kirchlichen Organisation ausschlaggebend. Die Kirche trennte sich 2003 im Zusammenhang mit der Einführung der Frauenordination in den westeuropäischen Kirchen von der Utrechter Union.

Die von der PNCC als Missionsdiözese geschaffene altkatholische Kirche in Polen wurde in den frühen 50er Jahren als Polnisch-Katholische Kirche selbständig und damit eigenständiges Mitglied der Utrechter Union. Sie umfasst drei Bistümer: Warschau, Krakau und Breslau

Im Jahr 2000 anerkannte die Altkatholische Bischofskonferenz eine nach dem Zusammenbruch des Kommunismus aufgrund der Trennung der Tschechoslowakei in zwei selbständige Staaten neu entstandene Gruppierung in der Slowakei als Mitgliedkirche der Utrechter Union. Sie wurde aber bereits 2004 wieder ausgeschlossen, nachdem sich der damalige Bistumsverweser von einem Episcopus vagans zum Bischof hatte weihen lassen.

In Europa gab es immer auch Gebiete, in denen sich altkatholische Gemeinden bildeten, die sich aber nie so umfassend entwickelten, dass sie sich als eigenes Bistum hätten organisieren können. Diese Gemeinden werden von sogenannten Delegaten der Bischofskonferenz betreut. Es sind dies Bischöfe eines anderen Bistums, die im Auftrag der Bischofskonferenz und in Übereinkunft mit den Gemeinden die bischöfliche Jurisdiktion in diesen Gebieten ausüben. Dazu gehören Gemeinden in Italien, Frankreich, Dänemark und Schweden.

Begründer der Utrechter Union

Johannes Heykamp from 1824/1875, until 1892 Archbishop of Utrecht

Casparus Johannes Rinkel from 1826/1873, until 1906 Bishop of Haarlem

Cornelis Diependaal from 1829/1873, until 1893 Bishop of Deventer

Eduard Herzog from 1841/1876, untill 1924 Bishop of the christkatholischen Kirche in Switzerland

Josef Hubert Reinkens from 1821/1873, untill 1896 Bishop of the altkatholischen Kirche in Germany